Aus dem Leben erzählt - Gedanken, Geschichten und Erinnerungen
Wenn mich jemand fragen würde, welcher Park in Köln mich am meisten an meine Kindheit erinnert, würde meine Antwort wohl lauten: Der Blücherpark. Als ich noch klein war, hatten zwei Tanten von mir angrenzend einen Schrebergarten, später, als ich nicht mehr ganz so klein war, waren es zwei Freundinnen, die in der Nähe wohnten und als ich groß war (zwar noch nicht erwachsen, aber schon groß :)), hatten meine Eltern sich direkt am Park einen Schrebergarten angeschafft.
Ich habe ihn verloren. Verdammt, ich habe schon wieder den Faden verloren. Und ausgerechnet auch noch den roten. Jeder andere wäre mir ja egal gewesen. Aber der rote? Das ist doch der wichtigste überhaupt. Wie soll ich denn jetzt bitteschön ohne roten Faden weitermachen? Das war es dann wohl. Aus. Vorbei. Ich weiß einfach nicht mehr, wo ich noch suchen soll.
Heute Morgen bin ich, wie so oft, über den Melatenfriedhof spaziert. Irgendwie hatte ich heute aber ganz andere Gedanken als sonst. „Schuld“ daran war wohl ein Kapitel aus einem Buch über Biografiearbeit, das ich gerade lese. Es ging darin um „Oral Historie“, also um mündlich überlieferte Geschichte(n), die von Zeitzeugen erzählt werden, die aber (in der Regel) in keinem Geschichtsbuch erwähnt werden.
Irgendwann letzte Woche habe ich mich früh zu einem Spaziergang aufgemacht. Um der Hitze ein wenig zu entkommen, bin ich erst einmal an den schattigen Alleen der Lindenthaler Kanälen entlangspaziert und anschließend in den Stadtwald eingetaucht.
Das Veedel, in dem ich geboren wurde, aufgewachsen bin und heute noch lebe, liegt in Ehrenfeld. Ist also nicht ganz so erstaunlich, dass ich mich in diesem Stadtteil auskenne. Obwohl ... es gibt natürlich auch genug Leute, denen ist die Straße, in der sie schon seit einiger Zeit wohnen, weitestgehend unbekannt ... aber das kann ja jeder halten, wie er will.
Ich sitze in einem Cafe am Friesenplatz: Vor mir ein Latte Macchiato, in meiner Hand ein Kölnkrimi und mit mir am Tisch sitzt eine Dame mit übergroßem Hut und verschmiertem Lippenstift (nicht kussecht, wie man unschwer an der Tasse erkennen kann).
In der Großstadt mit der Bahn fahren kann schon hin und wieder zum Erlebnis werden. Am Wochenende, und erst recht, zur vorgerückten Stunde, wird es auch schon mal richtig kurios.
Im Aldi an der Kasse stand eine rüstige Dame von, ich würde mal grob schätzen, anfang Sechzig. Bei ihr war ein älterer Herr mit einem Gehwägelchen, der, wie ich im Laufe des Gesprächs heraushören konnte, ihr Vater war. Der Herr legte fleißig die Einkaufssachen auf das Band, versperrte dabei allerdings mit seinem Wägelchen und dem Einkaufswagen einigen anderen Kunden und wohl auch seiner Tochter den Weg. Störte ihn aber nicht.
Siebzehn Jahre sind jetzt vergangen, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hat. Siebzehn lange Jahre, in denen sie so oft an ihn denken musste. Natürlich gab es auch Zeiten, in denen sie mit anderen Dingen beschäftigt war. Mit ihrer Karriere und dann mit ihrer Familie. Aber dann war er auf einmal wieder da: der Gedanke an ihn … an die Zeit damals … an ihre Gefühle.
Vor einigen Jahren habe ich in einem Blumengeschäft am Melatenfriedhof in Köln gearbeitet. Jeden Tag kamen Menschen herein, die Blumen für die Gräber ihrer verstorbenen Angehörigen oder Freunde kaufen wollten. Manche haben sich für einen Fertigstrauß entschieden, einige Kunden wollten lieber eine bestimmte Anzahl an Rosen mitnehmen, die meisten haben aber gesagt: „Stellen Sie mir doch bitte einen schönen Strauß für soundso viel Euro zusammen“.