
Als ich in meinem Bekanntenkreis erwähnt habe, dass ich vorhabe, Seminare zum Thema „Zuhören“ zu besuchen, gab es einige sehr verwunderte Blicke.
Und Kommentare wie:
„Was gibt es denn bitteschön über das Zuhören zu lernen?“
„Wer hören kann, der kann ja wohl auch zuhören.“
Und so ganz unter uns: Die meisten Kommentare kamen natürlich genau von den Menschen, bei denen mir sofort der Gedanke kam: Na dir würde so ein Seminar bestimmt auch nicht schaden.
Leider ist es ja so, dass die meisten Leute, die nicht zuhören können, gar nichts von ihrem Defizit wissen. Oder nichts davon wissen wollen.
Es gab aber auch andere Reaktionen:
“Warum du? Du kannst doch schon toll zuhören.“
“Du hast doch nun wirklich nicht nötig, das Zuhören zu lernen. Warum willst du denn auf so einem Seminar deine Zeit vergeuden?“
Diese Fragen stimmten mich zwar etwas versöhnlicher, trotzdem zeigten mir alle diese Fragen und Kommentare, dass zuhören können eine absolut unterschätzte Eigenschaft ist. Und vor allem eine Fähigkeit, die den meisten Menschen weder als förderungs- noch als besonders schätzungswürdig erscheint.
Es ist doch tatsächlich so: Da werden Rhetorikkurse angeboten, Debattierklubs gegründet, Seminare zum Thema Verkaufsgespräche abgehalten, und, und, und.
Aber Zuhören? Dieser Teil des Gesprächs führt doch ein ziemlich klägliches Schattendasein.
Dabei ist aufmerksames Zuhören nicht nur ein Zeichen von Respekt und Wertschätzung; wirkliches Zuhören ist überhaupt erst die Basis für ein funktionierendes Miteinander.
Wie viele Missverständnisse basieren einzig und alleine darauf, weil die Menschen sich nicht richtig zuhören? Das hat im Zwischenmenschlichen schon fatale Folgen, da kann man sich doch lebhaft vorstellen, wie gravierend die Folgen auf geschäftlicher oder sogar auf globaler Ebene sind.
Richtiges Zuhören kann für beide Seiten eine Bereicherung sein
Der Zuhörer ...
- weiß nach einem Gespräch, was wirklich gesagt wurde und was damit gemeint war,
- lernt sein Gegenüber besser kennen,
- gewinnt das Vertrauen seines Gesprächspartners,
- lernt selber etwas aus dem Gespräch,
- wird im Allgemeinen viel aufmerksamer und achtsamer.
Derjenige, der spricht, …
- kann reden, ohne unterbrochen zu werden,
- kann sich sicher sein, dass das, was er sagt, auch verstanden wird,
- fühlt sich respektiert und ernst genommen.
Nicht nur hören, was der andere sagt, sondern ihn aktiv beim Reden unterstützen. Wie geht das?
1. Mit einer offenen und entspannten Körperhaltung
Das heißt:
- nicht die Arme verschränken.
- dich nicht abwenden.
- so oft wie möglich Blickkontakt halten, ohne zu starren.
Lächeln schadet natürlich auch nicht, nur Dauergrinsen ist nicht so angesagt.
2. Indem du den anderen ausreden lässt
Was ja eigentlich in jedem Gespräch eine Selbstverständlichkeit sein sollte, lässt in der Realität leider sehr oft zu wünschen übrig. Aber überleg einfach mal, was du selber empfindest, wenn dich jemand (andauernd) unterbricht. Scheiß Gefühl, oder?
3. Durch aufmerksames Beobachten
Als guter Zuhörer hörst du nicht nur was dein Gesprächspartner sagt, sondern auch wie er etwas sagt. Achte außerdem auf Gestik und Mimik deines Gegenübers. Nimm ihn also bewusst wahr. Wenn es richtig gut läuft, schaffst du es, dich in deinen Gesprächspartner hineinzufühlen.
4. Indem du authentisch bleibst
Beim aktiven Zuhören geht es zwar darum, dem Gesprächspartner auch während des Gesprächs immer wieder zu signalisieren, dass du voll und ganz bei ihm bist. Übertreibe es aber bitte nicht.
Versuche nicht durch übertriebenes Kopfnicken und unplatziert eingeworfenen Aaaahs und Achs und Hms, Interesse zu bekunden.
Erstens wirkt das unecht und außerdem hält gerade das dich vom Zuhören ab. Wer wirklich zuhört, der konzentriert sich auf sein Gegenüber und überlegt nicht, ob gerade mal wieder ein „Das ist aber interessant“ in das Gespräch eingeworfen werden könnte.
5. Indem du Ablenkungen vermeidest
Widme dich wirklich nur deinem Gesprächspartner. Wenn der Fernseher nebenher läuft, du nebenbei bügelst oder eine SMS schreibst, kann das mit dem Zuhören nicht anständig funktionieren.
Es bringt auch nichts, ein Gespräch irgendwo dazwischenzuschieben. Unter Zeitdruck kannst du ebenfalls nicht aufmerksam zuhören und das merkt auch dein Gegenüber.
6. Durch Nachfragen und Zusammenfassen
Wenn du etwas nicht verstanden hast, dann frag nach. Dadurch merkt dein Gesprächspartner, dass du auch wirklich Interesse an seinen Worten hast.
Wenn eine Redepause entsteht, dann fang nicht sofort an, sie mit deinen eigenen Gedanken zu füllen. Nutze sie dazu, das, was du gehört hast, noch einmal mit deinen eigenen Worten zusammenzufassen.
Manchmal ist es aber auch besser, solche Pausen einfach „auszuhalten“. Einfach, damit dein Gegenüber sich sammeln und vielleicht über seine weiteren Worte nachdenken kann.
7. Indem du das, was du hörst, nicht bewertest
Das ist in meinen Augen einer der schwierigsten Punkte beim aktiven Zuhören. Wie gerne bilden wir uns sofort eine eigene Meinung, be- oder verurteilen das, was wir hören und/oder stecken den Menschen, der vor uns steht, in irgendeine Schublade.
Bei so einer Reaktion bist du aber automatisch mit deinen Gedanken ganz woanders.
Nimm einfach nur wahr, was der andere sagt und akzeptiere seine Meinung als das, was es ist >>> seine Meinung.
Zuhören heißt Aufmerksamkeit schenken, aber ...
... achte dabei auf deine Energiereserven
Richtiges Zuhören strengt an. Es kann also durchaus sein, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, wo du einfach nicht mehr zuhören kannst.
Dann sei aber auch ehrlich: Wenn es nicht mehr geht, dann geht es nicht mehr. Sag deinem Gegenüber, dass du dich nicht (mehr) auf seine Worte konzentrieren kannst.
Jemand, der dich als Zuhörer schätzt, der wird das akzeptieren und respektieren.
Mit aller Wahrscheinlichkeit wird er dich für diese Ehrlichkeit sogar erst recht als guten Zuhörer schätzen.
... lass dich nicht ausnutzen
Vergiss nicht: Du schenkst deinem Gegenüber beim Zuhören Aufmerksamkeit und vor allem auch Zeit. Und das verdient ebenfalls Respekt.
Leider gibt es genug Menschen, die einen zutexten und es für selbstverständlich halten, dass man ihnen zuhört. Ich bin mir fast sicher, du kennst auch mindestens einen dieser Spezies. Diese Menschen kosten einen eine Menge an Energie und es liegt an dir, hier eine Grenze zu ziehen.
Früher habe ich tatsächlich aus Höflichkeit immer weiter zugehört.
Heute ist mir meine Zeit zu schade, wenn ich merke, der andere ...
- redet nur um des Redens Willen
- jammert nur um des Jammerns Willen
- ist nicht wirklich an mir persönlich als Zuhörer interessiert, sondern braucht einfach nur jemanden, der ihm gegenüber sitzt, weil Selbstgespräche in der Öffentlichkeit seltsam aussehen.
- zieht mich (immer wieder) mit runter
Übrigens wissen meiner Erfahrung nach die Menschen, die selber aufmerksam zuhören können, es viel mehr zu schätzen, wenn man ihnen zuhört.
Es wäre toll, wenn du mir deine Erfahrungen und Ansichten zu diesem Thema mitteilen würdest.
Gerne öffentlich als Kommentar, wenn du möchtest kannst du mir aber auch gerne eine E-Mail schicken.
Und wenn dich dieser Artikel inspiriert hat
und du ihn gerne teilen möchtest,
würde ich mich natürlich auch sehr
freuen und sage schon mal:
DANKE!

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Jürgen Melmuka (Montag, 29 Juli 2019 12:01)
Danke für die wertvollen Tipps und die klare Anleitung, wie man die Herausforderungen des Zuhörens meistert. Vor allem der Hinweis betreffend der Energiereserven ist unbedingt zu beachten, zuhören als Stärke kann sehr schnell ausgenützt werden.
Wer Bedarf an weiteren Infos hat, kann gerne mal unter www.erfolgsfaktorzuhoeren.at vorbei kommen oder sein Know How mit dem Podcast "Einfach Zuhören" (itunes, Spotify) vertiefen.
Monika (Dienstag, 30 Juli 2019 10:44)
Vielen Dank für den Kommentar. Ich habe mal in den Podcast reingehört, gefällt mir gut. Schön eine weitere Seite gefunden zu haben, die sich mit diesem wichtigen Thema beschäftigt.
Liebe Grüße und weiterhin viel Erfolg
Monika Rosenbaum
Michael (Dienstag, 13 August 2019 12:57)
Hallo Monika,
Ich finde mich in dem, was Du auf der gesamten Seite scheibst, insgesamt recht gut wieder.
Ich habe in meiner Beziehung deswegen ziemliche Probleme.
Meine Partnerin beschweirt sich, dass ich zu lange benötige, um Informationen zu verarbeiten und zu antworten. Und sie möchte immer Reaktionen auf das, was sie sagt.
Ich dagegen stehe of wie der oX vorm Berg, fühle mich massivst unter Druck gesetzt, weil ich antworten "muss". Das blockiert mich, ich komme unter Stress. Und das lässt mich vergessen, was ich gehört habe.
Das wiederum bringt meine Partnerin extrem auf die Palme. Sie fühlt sich nicht wertgeschätzt und wir streiten uns.
Mittlerweile sind wir soweit, dass wir uns wohl deswegen bald trennen werden.
Sie braucht Kommunikation wie die Luft zum atmen (will sich immer austauschen). Ich dagegen bin froh, wenn ich meine Ruhe habe. Muss in meiner Arbeit schon viel Informationen verarbeiten, was mich sehr fordert.
In der jetzigen Situation sind wir beide nicht glücklich.
Veränderung fällt mir sehr schwer, weil ich gegen mein Naturell zu arbeiten scheine. Das mache ich daran fest, dass es für mich teilweise nicht mal ersichtlich ist, wann ich im Gespräch reagieren soll. Aber das hängt oft einfach damit zusammen, dass zwischen uns eine angespannte Situation herrscht. Und der eine den anderen "anpisst". Und ich in mir wie "erstarrt" bin. Auch kaum bis keine Gesichtsmimik vorhanden ist. Das passiert halt, wenn sie mich anschreit (weil sie meine Reaktion aufregt). Wie soll ich da ruhig und besonnen bleiben?
Eigentlich fehlt mir die Nähe zu meiner Partnerin grundsätzlich schon sehr. Und diese emotionale Distanz macht es echt schlimm.
Wir schaffen es eigentlich nur noch miteinander auszukommen, wenn wir in Gesellschaft sind. Weil ich da eine Art "Fluchtort" habe.
Ich scheine immer wieder zu flüchten. Weil es mir unangenehm ist und ich mich unter Druck gesetzt fühle.
Monika (Montag, 19 August 2019 15:02)
Hallo Michael,
vielen Dank für deinen Kommentar und diese sehr persönlichen Einblicke in dein Leben. Vieles von dem, was du schreibst, kann ich nachvollziehen. In meinen Beziehungen hatte ich eigentlich immer das Glück, dass meine Partner, auch wenn sie eher extrovertiert waren, mich und meine ruhige Art voll und ganz akzeptiert haben. Vielleicht liegt es tatsächlich daran, dass Männer bei Frauen eher eine stille Seite anerkennen, als anders herum. Allerdings habe ich mich damit noch nicht näher befasst und ich will hier auch keine wilden Spekulationen anstellen.
Aber ich habe mich im Berufsleben oft unter Druck gesetzt gefühlt und, wie du es beschrieben hast, oft nicht gewusst, was ich sagen soll und auch, wann und wie ich in einem Gespräch reagieren soll.
Das Schlimme ist ja, dass so eine angespannte Situation, die dabei entsteht, den Introvertierten noch zusätzlich unter Druck setzt.
Nachdem ich mich lange mit meiner Introversion auseinandergesetzt habe, habe ich für mich entschieden, öfter selbst die Gespräche zu suchen. Da ich mich dann ja gründlich darauf vorbereiten kann, ist erst einmal etwas Druck weg. Und dann gebe ich auch ehrlich zu, wenn mir gerade ein Argument fehlt. Ich sage dann, dass ich noch etwas Bedenkzeit brauche. Akzeptiert mein Gegenüber das nicht, ist das sein Problem. Für mich ist die Hauptsache, das Gespräch bleibt sachlich. Ansonsten breche ich ab.
Ich hoffe sehr, dass ihr beiden noch die Kurve bekommt.
Ganz liebe Grüße
Monika
Eve (Montag, 27 September 2021 21:37)
Zuhören können ist so wertvoll und wird tatsächlich unterschätzt. Auch ich ertappe mich dabei, die wenigen guten Zuhörer zeitweise nicht wichtig genug zu nehmen. Und dann fällt es einem wieder auf. „Ach, jetzt melde ich mich lieber bei dem und dem.“ Nach dem Gespräch merkt man dann wieder, wie schön das Zuhören doch ist!
Michael Ende beschreibt es bei Momo: „Das Mädchen konnte etwas, und das war: zuhören. Sie konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Oder dass Unglückliche zuversichtlich und froh wurden.“ Auch wenn es nicht immer ganz so wie bei Momo ist, da ist etwas dran. Allein schon das Gesehen werden, verstanden werden, das Interesse geben so viel an Wertschätzung dass es eine wahre Wonne ist, wenn ein Freund wirklich zuhören kann!
Danke für diese Erinnerung.
Susan (Montag, 16 Mai 2022 08:29)
Hallo Monika, Du sprichst mir aus der Seele - gutes Zuhören kann auch "ausgenutzt" werden. Von Freunden wird mir bestätigt, dass ich sehr gut zuhören, nachfragen und mir deren Themen merken kann. Das entspricht meinem Typ, allerdings habe ich den Eindruck dass ich mich dann zu sehr auf die Menschen einlasse- vorallem wenn sie in schwierigen Lebenssituationen sind und sich an mich wenden. Mir fällt als Zuhörerin die Abgrenzung dann oft schwer. Gibt es Ratschläge sich als Zuhörerin "zu schützen" und sich nicht alles "zu Herzen" zu nehmen?
Monika (Dienstag, 17 Mai 2022 19:03)
Hallo Susan,
vielen Dank für deinen Kommentar. Oh ja, ich kann sehr gut nachvollziehen, was du meinst. Einen wirklich allgemeingültigen Ratschlag habe ich leider nicht, und ich denke, den gibt es auch nicht. Einfach deswegen, weil jeder Mensch da anders reagiert.
Im Grunde genommen geht es um Selbstfürsorge. Um sich abgrenzen zu können, ist es wichtig, seine eigenen Grenzen erst einmal kennenzulernen. Dann natürlich auch, sie zu schützen. Das fordert ein hohes Maß an Selbstbeobachtung. Ich denke aber, es lohnt sich daran zu arbeiten und ich wünsche dir von Herzen, dass du für dich einen Weg findest, eine gute Zuhörerin zu bleiben, ohne dich dabei selbst aus den Augen zu verlieren.
Ganz liebe Grüße
Monika